Das Recht des Auftraggebers, von einem für einen Mangel verantwortlichen Auftragnehmer Mängelbeseitigung zu fordern, wird grundsätzlich nicht dadurch eingeschränkt, dass die Verantwortlichkeit des Auftragnehmers bei der Inanspruchnahme noch unklar ist.

Der in Anspruch genommene Auftragnehmer darf Maßnahmen zur Mängelbeseitigung nicht davon abhängig machen, dass der Auftraggeber eine Erklärung abgibt, wonach er die Kosten der Untersuchung und weiterer Maßnahmen für den Fall übernimmt, dass der Auftragnehmer nicht für den Mangel verantwortlich ist. Den Auftraggeber trifft deshalb kein Mitverschulden an einem Wasserschaden, der auf einem Mangel beruht, den der Unternehmer nicht beseitigt hat, weil der Auftraggeber eine entsprechende Erklärung nicht abgegeben hat.
Der Auftraggeber schuldet dem für den Mangel verantwortlichen Auftragnehmer vor dessen Inanspruchnahme nicht die objektive Klärung der Mangelursache, deren Kenntnis erst geeignete Mängelbeseitigungs- und Schadensabwendungsmaßnahmen sicher ermöglicht. Es ist vielmehr Aufgabe des Auftragnehmers, Mängelbehauptungen zu prüfen und Grund und Umfang seiner Leistungspflicht selbst zu beurteilen.
Das gilt auch dann, wenn die Bauleistung abgenommen ist und der Auftraggeber deshalb die Beweislast dafür trägt, dass ein Mangel des Werkes vorliegt. Diese Beweislast wirkt sich zum Nachteil des Auftraggebers aus, wenn der Beweis nicht geführt werden kann. Sie verpflichtet den Auftraggeber jedoch grundsätzlich nicht, vor einer Inanspruchnahme eines Auftragnehmers zu klären, ob dieser für einen Schaden verantwortlich ist. Eine solche Inanspruchnahme mag zu einer Schadensersatzverpflichtung führen, wenn der Auftragnehmer für den Mangel nicht verantwortlich ist und der Auftraggeber bei der im Rahmen seiner Möglichkeiten gebotenen Überprüfung hätte feststellen können, dass er selbst für die Ursachen des Mangels verantwortlich ist. Daraus kann nicht hergeleitet werden, dass der zutreffend in Anspruch genommene Auftragnehmer Rechte daraus herleiten könnte, dass vor der Inanspruchnahme seine Verantwortung noch nicht geklärt war.
Es kann dahinstehen, welche Ansprüche einem Auftragnehmer gegen den Auftraggeber zustehen, wenn er zu Unrecht auf Mängelbeseitigung in An-spruch genommen wird und ihm durch die unberechtigte Aufforderung zur Mängelbeseitigung Kosten entstanden sind. Unabhängig von etwaigen gesetzlichen Ansprüchen kann der für den Mangel verantwortliche Auftragnehmer vor seiner Untersuchung der Mängelursachen nicht verlangen, dass der Auftraggeber eine Willenserklärung abgibt, wonach er die Kosten für die Untersuchung und für weitere Maßnahmen für den Fall übernimmt, dass den Auftragnehmer keine Verantwortung trifft.
Hat ein Auftragnehmer eine Werkleistung mangelhaft erbracht, so kann der Auftraggeber die Beseitigung des Mangels verlangen, § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB, § 634 Nr. 1 BGB n.F. Wenn im Vertrag nichts anderes wirksam vereinbart ist, gelten nur die gesetzlichen Einschränkungen für das Mängelbeseitigungsrecht. Das Gesetz sieht für den Fall, dass der Auftragnehmer im Ergebnis zu Recht in Anspruch genommen wird, bei der Inanspruchnahme jedoch unklar ist, ob der Auftragnehmer wirklich für den Mangel verantwortlich ist, eine Einschränkung des Mängelbeseitigungsrechts nicht vor. Auch in diesem Fall bleibt es dabei, dass der Auftraggeber die Mängelbeseitigung verlangen kann. Das Risiko einer verweigerten Mängelbeseitigung trägt in vollem Umfang der für den Mangel verantwortliche Auftragnehmer. Die Auffassung, ein Auftraggeber könne einen zur Mängelbeseitigung verpflichteten Auftragnehmer nicht auf Verdacht auf Mängelbeseitigung in Anspruch nehmen, er müsse nach erfolgter Abnahme zunächst selbst die Mängelursache erforschen, findet im Gesetz keine Stütze. Welchen Grad der Gewissheit ein Auftraggeber hat, dass der von ihm in Anspruch genommene Auftragnehmer für den Mangel verantwortlich ist, ist ohne jeden Belang. Das Recht des Auftraggebers, von einem für den Mangel verantwortlichen Auftragnehmer Mängelbeseitigung zu fordern, wird nicht dadurch eingeschränkt, dass er keine Ursachenforschung betrieben hat und auch die Möglichkeit in Betracht kommt, dass andere Auftragnehmer für eine Mängelerscheinung verantwortlich sein können.
Ein Auftraggeber ist auch nicht nach Treu und Glauben verpflichtet, vor der Mängelbeseitigung eine Erklärung abzugeben, wonach er die Kosten für die Untersuchung und eine eventuelle Mängelbeseitigung übernimmt, wenn sich im Zuge der Ursachenforschung herausstellt, dass der Auftragnehmer nicht verantwortlich ist. Soweit dem Auftragnehmer für diesen Fall vertragliche oder gesetzliche Ansprüche zustehen, ist er ausreichend durch diese geschützt. Es besteht kein Grundsatz, dass eine Vertragspartei einen Anspruch darauf hat, dass die andere Partei solche Ansprüche vertraglich manifestiert. Etwas anderes ergibt sich insbesondere auch nicht aus dem Kooperationsgebot.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 2. September 2010 – VII ZR 110/09

