Ein Werk (hier: Personenaufzug) ist mangelhaft, wenn wegen Schadensfällen an Maschinen der gleichen Bauart zum Fortbestehen der Betriebserlaubnis Sonderprüfungen angeordnet werden. Ob ein Mangel vorliegt, ist nach den Erkenntnismöglichkeiten zum Zeitpunkt der Selbstvornahme zu beurteilen. Spätere Erkenntnismöglichkeiten durch einen Fortschritt der Wissenschaft, die das Vorliegen eines Mangels in Frage stellen, stehen einem Kostenerstattungsanspruch nicht entgegen.

Die Leistung eines Unternehmers ist gemäß § 13 Nr. 1 VOB/B nur vertragsgerecht, wenn sein Werk den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Da es sich bei diesen Regeln um ein auf Erfahrungen, Entwicklungsarbeiten und Zuverlässigkeitsprüfungen basierendes Regelwerk handelt, ist seine Beachtung grundsätzlich geeignet, Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Sicherheit des Werks zu begründen. Ein Werk kann jedoch, auch wenn bei seiner Erstellung diese Regeln beachtet und umgesetzt worden sind, mangelhaft sein, denn der Unternehmer schuldet gemäß § 13 Nr. 1 VOB/B zudem ein Werk, das die von den Vertragsparteien vereinbarte Beschaffenheit hat oder, sollte eine derartige Vereinbarung nicht getroffen worden sein, für die gewöhnliche bzw. nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung geeignet ist und die für derartige Werke übliche Beschaffenheit aufweist.
Die Mangelfreiheit des Werks kann demnach nur angenommen werden, wenn aufgrund seiner Beschaffenheit die dauerhafte Nutzung gewährleistet ist, wobei für die Annahme eines Mangels bereits ein auf konkrete Tatsachen gestützter Gefahrenverdacht ausreicht, der vorliegt, wenn der Gebrauch des Werks risikobehaftet oder ungewiss ist. Ein Zuwarten bis zur Realisierung des mit der Mangelhaftigkeit einhergehenden Risikos ist also dem Auftraggeber nicht zumutbar.
Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 25. September 2012 – 10 U 34/12