Vertragliche Abmachungen – und die Frage der Funktionstauglichkeit

Bei der Auslegung des vertraglich versprochenen Werks (hier: Bodenversiegelung eines Gussaphalt-Bodens) kommt neben dem Wortlaut der Funktionstauglichkeit für den auch dem Unternehmer bekannten Einsatzzweck eine maßgebliche Bedeutung zu.

Vertragliche Abmachungen – und die Frage der Funktionstauglichkeit

Richtig ist, dass der Begriff der Versiegelung branchenabhängig unterschiedlich verstanden wird. Wie der Sachverständige vor dem Oberlandesgericht ausführte, kann es z. B. im Bereich der Bodenreinigung durchaus ein anderes Verständnis geben. Dabei ist allerdings zu beachten, dass es im hier zur Entscheidung anstehenden Fall konkret gerade nicht um Reinigungsarbeiten, sondern die Bodenherstellung ging. Es ist daher das Verständnis der Bodenherstellerbranche zugrundezulegen, der auch die Klägerin als Fachfirma angehört.

Darüber hinaus ist bei der Auslegung des vertraglich Geschuldeten auch der Leistungszweck zu berücksichtigen. Der aufgebrachte Bodenbelag sollte bekannterweise für einen Cafébetrieb tauglich sein. Die mit einer Dispersion verbundene Notwendigkeit der steten Neueinpflege in kurzen Abständen ist hierfür aber wenig zweckmäßig. Der Sachverständige führte vielmehr anschaulich aus, zu welchen Problemen dies in der praktischen Handhabung führen kann: Wo Fett- und Ölhaltiges zu Boden fällt, muss sehr häufig wieder eingepflegt werden. Da der Boden keine gleichmäßige Abnutzung erfährt, nutzt sich die Dispersionsschicht unterschiedlich schnell ab. Bei der Neueinpflege darf aber nicht gleichmäßig der gesamte Boden bearbeitet werden, weil bei weniger abgenutzten Stellen sonst die Gefahr der Glättebildung besteht. Es müsste deshalb bei jeder Neueinpflege differenziert werden zwischen weniger und stärker abgenutzten Stellen, was – so der Sachverständige ausdrücklich – in der Praxis nur schwer möglich ist. Auch unter dem Gesichtspunkt der Tauglichkeit für den angestrebten Verwendungszweck eignet sich ein Schukolinauftrag daher nicht.

Die vertragliche Anforderung („Oberflächenversiegelung“) ist damit nicht gegeben, das Werk ist mangelhaft, da es sich zwar grundsätzlich für die Aufbringung auf Gussasphalt eignet, aber nicht die von den Parteien vereinbarte Eigenschaft aufweist, weil es nicht zu einer Versiegelung des Bodens führt.

Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 15. April 2014 – 10 U 130/13