Meistertitel

Ein Vertrag, mit dem ein Handwerksmeister einem Handwerksbetrieb lediglich seinen Meistertitel zur Verfügung stellt, ohne dass er tatsächlich als technischer Betriebsleiter tätig wird, ist, wie jetzt das Bundesarbeitsgericht urteilte, gem. § 134 BGB wegen Umgehung des § 7 HwO nichtig.

Meistertitel

Der schriftliche geschlossene Arbeitsvertrag als “Betriebsleiter” ist, wie das BAG weiter urteilte, als Scheingeschäft gem. § 117 BGB nichtig. Ein Scheingeschäft iSd. § 117 BGB liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundene Rechtswirkung nicht eintreten lassen wollen. Der schriftliche Vertrag soll in diesen Fällen jedoch lediglich zur Vorlage bei der Handwerkskammer dienen, um dem “Arbeitgeber” das Führen des Handwerksbetriebs zu ermöglichen.

Dem seinen Meistertitel zur Verfügung stellenden Handwerksmeister steht allerdings auch kein Vergütungsanspruch aufgrund der meist daneben mündlichen Vereinbarung zu, wonach er gegenüber der Handwerkskammer als Betriebsleiter auftreten und hierfür einen bestimmten monatlichen Betrag erhalten sollte. Denn diese Vereinbarung ist, so das BAG, gemäß § 134 BGB ebenfalls nichtig.

Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Das Rechtsgeschäft selbst muss verbotswidrig sein. Das ist der Fall, wenn sein Inhalt gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, insbesondere wenn der mit dem Rechtsgeschäft bezweckte Erfolg, etwa die Vertragserfüllung, verbotswidrig ist. Das Verbot muss sich gerade gegen die Vornahme des betreffenden Rechtsgeschäfts richten. Dies ist beim Abschluss eines Arbeitsvertrags nur ausnahmsweise der Fall. Eine Vereinbarung, wonach der Handwerksmeister als Betriebsleiter für den Betrieb auftreten, diesen mit Rat und Tat unterstützen und hierfür eine Vergütung erhalten sollte, verstößt für sich genommen zwar noch nicht gegen ein gesetzliches Verbot.

Eine solche Vereinbarung ist jedoch wegen Umgehung des § 7 HwO nichtig.

Ein Rechtsgeschäft darf und kann die mit ihm beabsichtigte Wirkung nicht entfalten, wenn es sich als objektive Umgehung zwingender Rechtsnormen darstellt. Das ist der Fall, wenn der Zweck einer zwingenden Rechtsnorm dadurch vereitelt wird, dass andere rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten missbräuchlich, dh. ohne einen im Gefüge der einschlägigen Rechtsnorm sachlich rechtfertigenden Grund, verwendet werden. Bei der Umgehung ist nicht nur ein bestimmter Weg zum Ziel, sondern das Ziel selbst verboten. Dabei kommt es nicht auf eine Umgehungsabsicht oder eine bewusste Missachtung der zwingenden Rechtsnormen an; entscheidend ist die objektive Funktionswidrigkeit des Rechtsgeschäfts. Unwirksam ist deshalb auch ein Geschäft, das einen verbotenen Erfolg durch Verwendung von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten zu erreichen sucht, die scheinbar nicht von einer Verbotsnorm erfasst werden.

Dient der Abschluss eines Arbeitsvertrags mit einem Meister über eine Tätigkeit als Betriebsleiter der Umgehung der Vorschriften über den Befähigungsnachweis und der Eintragung in die Handwerksrolle, ohne dass der Arbeitnehmer tatsächlich im erforderlichen Umfang als Betriebsleiter tätig werden soll, ist dieser Vertrag gem. § 134 BGB nichtig.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 HwO ist der selbständige Betrieb eines Handwerks als stehendes Gewerbe nur den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften (selbständige Handwerker) gestattet. Die Eintragung in die Handwerksrolle setzt nach § 7 Abs. 1 HwO das Bestehen der Meisterprüfung (“Großer Befähigungsnachweis”) voraus, nach § 7 Abs. 4 Satz 2 HwO aF, § 7 Abs. 1 HwO nF kann allerdings auch eine Personengesellschaft eingetragen werden. In beiden Fällen muss der Betriebsleiter die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle mit dem zu betreibenden Handwerk oder einem mit diesem verwandten Handwerk erfüllen. Ausnahmetatbestände regeln die §§ 8, 9 HwO aF, § 7 Abs. 3 HwO nF. Nach § 13 HwO wird die Eintragung in die Handwerksrolle gelöscht, wenn die Voraussetzungen für die Eintragung nicht vorliegen.

Der Gesetzgeber hat die Zulassung zum selbständigen Betrieb eines Handwerks von dem Nachweis beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten abhängig gemacht, um im Interesse der gesamten Wirtschaft den hohen Leistungsstand und die Leistungsfähigkeit der Handwerkerschaft zu erhalten. Gleichzeitig wollte er die sachgerechte Ausbildung des Nachwuchses für das Handwerk wie auch für die übrige gewerbliche Wirtschaft sicherstellen.

Dieser Normzweck wird umgangen, wenn ein als Betriebsleiter angestellter Meister tatsächlich nicht den Betrieb führen, sondern nur als Konzessionsträger zur Verfügung stehen soll. Normieren Gesetze Erlaubnisvorbehalte zur Erteilung und Übertragung einer Konzession, sind zivilrechtliche Absprachen, die gegen diese Vorschriften verstoßen, regelmäßig nach § 134 BGB nichtig. Dies gilt auch für die Umgehung des § 7 HwO. Sinn und Zweck der Vorschriften der Handwerksordnung ist die Gewährleistung der Leitung und Überwachung des Handwerksbetriebs. Der Betriebsleiter muss demgemäß wie ein das Handwerk selbständig betreibender Handwerksmeister die handwerklichen Tätigkeiten leiten. Er hat dafür zu sorgen, dass die handwerklichen Arbeiten „meisterhaft“ ausgeführt werden, über den Handwerksbetrieb in seiner fachlichen Ausgestaltung und seinem technischen Ablauf bestimmen und insoweit die Verantwortung tragen. Daraus folgt, dass er in der Lage sein muss, bestimmenden Einfluss auf den handwerklichen Betrieb zu nehmen, gegenüber den handwerklich beschäftigten Betriebsangehörigen fachlich weisungsbefugt sein muss und tatsächlich die Leitungsaufgaben wahrnehmen kann und wahrnimmt . In fachlicher Hinsicht gilt dies sogar gegenüber dem Betriebsinhaber selbst.

Ist eine entsprechende Betriebsleitertätigkeit nicht vereinbart, so kann dies neben der Ablehnung der Eintragung zu einem Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die Beteiligten nach § 117 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 1 Abs. 1 Satz 1 HwO und § 118 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 16 Abs. 2 HwO führen. Teilweise liegt in diesen Fällen sogar eine Straftat wegen mittelbarer Falschbeurkundung nach § 271 StGB vor. Schließlich kann die Fortsetzung des Betriebs nach § 16 Abs. 3 HwO untersagt werden.

Beschränkt sich die Austauschbeziehung im Wesentlichen auf die Zurverfügungstellung des Meistertitels, ohne dass die Vertragsparteien ernsthaft an eine Betriebsleiterstellung des Erlaubnisträgers gedacht haben, verwenden die Parteien eine rechtliche Gestaltungsmöglichkeit zu einem gem. § 7 HwO missbilligten Erfolg. Die Vereinbarung ist zumindest im Innenverhältnis nichtig.

Ob ein Betriebsleitervertrag den Anforderungen der Handwerksordnung genügt, ist Tatfrage. Dabei ist die Höhe der vereinbarten Vergütung ein wichtiges Indiz für die Ernstlichkeit eines Betriebsleitervertrags. Besteht zwischen der vorgesehenen Entlohnung des Betriebsleiters und der erforderlichen Arbeitszeit ein wirtschaftliches Missverhältnis, ist nicht gesichert, dass er seine Aufgaben mit dem erforderlichen Einsatz erfüllen wird. Besonders bei sog. gefahrgeneigten Handwerken, dh. Handwerken, deren fachgerechte Ausübung zur Vermeidung von Gefahren für Gesundheit oder Leben Dritter in der Regel eine besonders gründliche handwerkliche Ausbildung erfordern, ist zudem eine regelmäßige Anwesenheit des Betriebsleiters erforderlich.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.März 2009 – 5 AZR 355/08