Führung eines Friseurfilialbetriebs

Die Führung eines Friseurfilialbetriebs erfordert eine in die Handwerksrolle eingetragene Leitung. Dem wird durch die Betriebsleitung von einer (ca. 40 km) entfernten Filiale aus nicht Genüge getan.

Führung eines Friseurfilialbetriebs

Nach § 16 Abs. 3 HwO kann die nach Landesrecht zuständige Behörde die Fortsetzung des Betriebs untersagen, wenn der selbständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe entgegen den Vorschriften dieses Gesetzes ausgeübt wird.

Diese Voraussetzungen sind nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Stuttgart in dem hier entschiedenen Fall eines Friseurfilialbetriebs erfüllt:

Die Antragstellerin übt den selbständigen Betrieb eines nach §§ 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 i.V.m. Anlage A Nr. 38 HwO zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe aus. Diese Ausübung erfolgt entgegen den Vorschriften des Gesetzes, da die Antragstellerin nicht in die Handwerksrolle eingetragen ist, da sie seit Juli 2011 keinen Betriebsleiter hat, der die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin handelt es sich bei dem im Streit befindlichen Betrieb auch unter Berücksichtigung, dass verschiedene Produkte zum Kauf bereit gehalten werden, nicht um einen handwerklichen Nebenbetrieb. Davon abgesehen, dass die Antragstellerin keine konkreten umsatzspezifischen Angaben gemacht hat, ist wesentlich zu berücksichtigen, dass, wie sich aus dem Zeugnis für die Mitarbeiterin Frau K. ergibt, in der Filiale weitere Mitarbeiter, die geschult und beurteilt werden, tätig sind und auch ausgebildet wird. Daraus ergibt sich, dass die handwerkliche Tätigkeit nicht nur in unerheblichem Umfang ausgeübt wird.

Sind die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Satz 1 HwO damit erfüllt, so ist es in der Regel auch ermessensgerecht, die Fortführung des Betriebes zu untersagen. Ausnahmsweise kann in Fällen einer kurzfristig behebbaren lediglich formellen Rechtswidrigkeit, etwa wenn der Gewerbetreibende zwar noch nicht eingetragen ist, er aber die Voraussetzungen für eine Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt, etwas anderes gelten. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor.

Insbesondere folgt dies nicht daraus, dass eine Mitarbeiterin eine Ausübungsberechtigung gemäß § 7 b HwO beantragt hat. Davon abgesehen, dass dieser Antrag mit zwischenzeitlichem Bescheid der Handwerkskammer abgelehnt worden ist, weil die bisher vorgelegten Unterlagen noch nicht belegt haben, dass Frau K. in leitender Stellung tätig gewesen ist, erschließt sich hieraus auch dem Gericht nicht, dass Frau K. zwingend eine Ausübungsberechtigung zu erteilen wäre. Ebenso wenig ergibt sich daraus, dass zwischen Frau K. und der Handwerkskammer die Frage einer Ausnahmebewilligung gemäß § 8 HwO zu klären ist, dass diese Bewilligung in Kürze zu erwarten ist. Die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten sind bisher noch nicht nachgewiesen und es ist auch völlig offen, ob Frau K. diesen Nachweis erbringen wird. Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass die Betriebsleiterinnen in W. bzw. R. auch die Leitung der Filiale in I. übernehmen könnten, ist darauf zu verweisen, dass die Handwerkskammer diese Anträge im Hinblick auf die räumliche Entfernung abgelehnt hat.

Auch die besonderen formellen Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Satz 2 HwO sind erfüllt. Die Handwerkskammer und die Industrie- und Handelskammer sind vor Erlass der Untersagungsverfügung gehört worden und haben übereinstimmend mitgeteilt, dass sie die Voraussetzungen einer Untersagung als gegeben ansehen.

Es liegt auch ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung vor. Maßgeblich ist insoweit nicht allein die Frage der Gefahrengeneigtheit, d.h. konkret die Frage, inwieweit es üblich sei, dass „Ohren abgeschnitten“ würden. Auch der Wettbewerbsvorteil, den die Antragstellerin durch Beschäftigung weniger kostenintensiven Personals hat, ist in diesem Zusammenhang ein relevanter Gesichtspunkt. Hinzu kommt, dass das private Interesse der Antragstellerin aber schon deshalb weniger schutzwürdig als das öffentliche Interesse an der Betriebsuntersagung ist, weil sie einen die handwerksrechtlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 HwO erfüllenden Betriebsleiter einstellen kann. Dass ihr das unmöglich sein sollte, hat sie nicht annähernd belegt, zumal sie nicht einmal auf ihrer eigenen Website eine entsprechende Stelle ausgeschrieben hat.

Verwaltungsgericht Stuttgart, Beschluss vom 16. Oktober 2012 – 4 K 2731/12