Im Streit um die Eintragungspflicht eines Handwerksbetriebes ist es Sache des Klägers, das beabsichtigte Gewerbe zu konkretisieren. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, gutachtlich diejenigen Einzeltätigkeiten zu ermitteln, mit denen ein Gewerbe noch eintragungsfrei betrieben werden könnte.

Den selbstständigen handwerksmäßigen Betrieb eines Dachdeckers im stehenden Gewerbe von der Eintragung in die Handwerksrolle und den Voraussetzungen hierfür abhängig zu machen, stellt keine unverhältnismäßige Beschränkung des Grundrechts der Berufsfreiheit dar.
Die Voraussetzungen, von denen § 7b HwO die Erteilung einer Ausübungsberechtigung an Handwerker aus dem Inland abhängig macht, sind mit dem Gleichheitssatz auch insoweit vereinbar, als sie von den Voraussetzungen abweichen, unter denen Handwerkern aus dem EU/EWR-Ausland nach § 9 HwO i.V.m. §§ 2 ff. EU/EWR-HwV eine gewerbliche Niederlassung oder das Erbringen grenzüberschreitender Dienstleistungen gestattet ist.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 HwO ist der selbstständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe nur den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften gestattet. Ein Gewerbebetrieb ist ein Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks, wenn er handwerksmäßig betrieben wird und ein Gewerbe vollständig umfasst, das in der Anlage A aufgeführt ist, oder Tätigkeiten ausgeübt werden, die für dieses Gewerbe wesentlich sind (wesentliche Tätigkeiten), § 1 Abs. 2 Satz 1 HwO. Keine wesentlichen Tätigkeiten sind nach § 1 Abs. 2 Satz 2 HwO insbesondere solche, die in einem Zeitraum von bis zu drei Monaten erlernt werden können (Nr. 1), die zwar eine längere Anlernzeit verlangen, aber für das Gesamtbild des betreffenden zulassungspflichtigen Handwerks nebensächlich sind und deswegen nicht die Fertigkeiten und Kenntnisse erfordern, auf die die Ausbildung in diesem Handwerk hauptsächlich ausgerichtet ist (Nr. 2), oder die nicht aus einem zulassungspflichtigen Handwerk entstanden sind (Nr. 3).
Im hier vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall beabsichtigt der Kläger, Dachziegel und Dachsteine zu verlegen. Das Verlegen von Dachziegeln und Dachsteinen stellt eine Tätigkeit dar, die dem Berufsbild des Dachdeckerhandwerks nach Anlage A Nr. 4 der HwO zuzuordnen und für dieses auch nicht nebensächlich, sondern wesentlich ist; es betrifft geradezu den Kernbereich dieses Handwerks. Bei der Frage der wesentlichen Tätigkeit ist die Verordnung über die Berufsausbildung zum Dachdecker/zur Dachdeckerin nebst dem beigefügten Ausbildungsrahmenplan heranzuziehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können die in der Verordnung vorgestellten Berufsbilder für die Frage der fachlichen Zugehörigkeit einer Tätigkeit zu einem handwerksfähigen Gewerbe herangezogen werden. Sie enthalten erläuternde Einzelheiten über das Arbeitsgebiet und die zu dessen Bewältigung benötigten Fertigkeiten und Kenntnisse. Gleiches gilt für die Ausbildungszeiten.
Nach § 4 Abs. 1 Nr. 14 bzw. Abs. 2 Nr. 1a der genannten Verordnung ist das Verarbeiten von Dachziegeln und Dachsteinen Gegenstand der Berufsausbildung zum Dachdecker im Allgemeinen und in der Fachrichtung Dach, Wand- und Abdichtungstechnik das Decken von Dach- und Wandflächen mit Schiefer, Dachplatten, Schindeln, Wellplatten, Dachziegeln und Dachsteinen im Speziellen. Nach dem der Verordnung beigefügten Ausbildungsrahmenplan fällt im ersten Ausbildungsjahr eine Ausbildungszeit von 24 Wochen, im zweiten Ausbildungsjahr von 11 Wochen und im dritten Ausbildungsjahr von 21 Wochen an. Die zu vermittelnden Tätigkeiten und Kenntnisse umfassen in der beruflichen Grundbildung die Befähigung, Dachziegel und Dachsteine sowie Deckarten zu unterscheiden und zu bearbeiten sowie Teilbereiche von Dachflächen nach Vorgabe abzudecken. In der beruflichen Fachbildung ist das Decken von Teilbereichen von Dach- und Wandflächen mit Schiefer, Dachplatten und Schindeln in unterschiedlichen Deckarten zu erlernen. Die berufliche Fachbildung in der Fachrichtung Dach, Wand- und Abdichtungstechnik soll schließlich Kenntnisse und Fertigkeiten in der Deckung von Dach- und Wandflächen, in der Herstellung von Anschlüssen und Abschlüssen bei Deckungen mit dem genannten Material, in der Verlegung von Gratziegel und Gratsteinen in Mörtel und mit Trockenelementen und der Ausführung von Fugenverstrich, Querschlag und Innenverstrich vermitteln. All dies zeigt, dass es sich bei der Tätigkeit „Verlegen von Dachsteinen und Dachziegeln“ nicht lediglich um unwesentliche Tätigkeiten handelt, die sich in dem Aufbringen eines vorgefertigten genormten Materials erschöpfen und die in einem Zeitraum von bis zu drei Monaten erlernt werden können.
Auch beabsichtigt der Kläger kein eintragungsfreies Minderhandwerk zu betreiben. Den Feststellungen ist nicht zu entnehmen, dass sich der Kläger bei der beabsichtigten Verlegung von Dachziegeln und Dachsteinen auf einfache Arbeiten beschränken möchte, für deren einwandfreie Ausführung keine qualifizierten handwerklichen Kenntnisse und Fertigkeiten nötig sind, sondern lediglich eine Anlernzeit von einigen Monaten. Dagegen spricht schon, dass er auch die entsprechenden Dachunterkonstruktionen ausführen will, die eine entsprechende Anpassung der Dacheindeckung mit Dachziegeln und Dachsteinen an die jeweiligen Gegebenheiten erfordert, auch wenn die Dachsteine und Dachziegel genormt sein sollten. Welchen tatsächlichen Umfang diese Arbeiten im Rahmen des Gewerbebetriebes ausmachen, ist wegen des Wesentlichkeitsmerkmals, das auf Qualität und nicht auf Quantität abstellt, nicht entscheidend.
Der Einwand, die bezeichneten Tätigkeiten könnten für das Berufsbild des Dachdeckers nicht wesentlich sein, weil sie nach anderen Berufsbildern zulassungs- und eintragungsfrei ausgeübt werden dürfen, überzeugt nicht.
Die Tätigkeit des Bauwerksabdichters umfasst ausweislich der einschlägigen Verordnung über die Berufsausbildung zwar neben dem Ausführen von Holz, Mauer, Putz, Beton- und Stemmarbeiten sowie dem Verarbeiten von Abdichtungs- und Dämmstoffen auch das Abdichten von Dächern (vgl. § 5 Nr. 15). Nach der Konkretisierung in Teil II Nr. 6 des Ausbildungsrahmenplans sind darunter jedoch bloße Abdichtarbeiten zu verstehen. Die Abdichtung eines Daches durch Verlegen von Dachziegeln ist damit nicht gemeint. Dem Bauwerksabdichter/der Bauwerksabdichterin sind zwar Neben- und Hilfsarbeiten des Dachdeckergewerbes erlaubt, nicht aber das Decken eines Daches mit Ziegeln oder Steinen.
Zum Berufsbild des Baugeräteführers zählt das Verarbeiten von Bau- und Bauhilfsstoffen, Arbeiten in der Bautechnik, das Be- und Verarbeiten von Metallen und Kunststoffen sowie das Handhaben von Bauteilen, Baugruppen und Systemen von Baugeräten (vgl. § 3 Nr. 7, 8, 11 und 12 der einschlägigen Verordnung vom 12.05.1997). Dies schließt zwar durchaus das Herstellen einer Schalung und das Verlegen und Einbauen von Abrissrinnen ein (vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. e dieser Verordnung und Nr. 8 Buchst. d des Ausbildungsrahmenplans), das Verlegen von Dachziegeln und Dachsteinen hingegen nicht.
Der Beruf des Fassadenmonteurs weist gewisse Überschneidungen zum Dachdeckerhandwerk auf, wie etwa das Errichten von Blitzschutzanlagen gemäß § 5 Nr. 21 der einschlägigen Verordnung über die Berufsausbildung vom 19.05.1999. Auch dieser Ausbildungsberuf erfasst aber keine grundlegenden Dacharbeiten wie das Verlegen von Dachziegeln und Dachsteinen, sondern nur das Herstellen von Holzverbindungen, von Bauteilen aus Beton, das Bearbeiten von Baustoffen und Bauteilen für den Fassadenbau sowie das Einbauen von Verankerungs, Verbindungs- und Befestigungselementen.
Das Aufgabenspektrum des Trockenbaumonteurs ist auf das Herstellen, Sanieren und Instandsetzen von Trockenbaukonstruktionen gerichtet. Eine gewisse Nähe zum Dachdeckerhandwerk weist zwar das Herstellen von Trockenbaukonstruktionen für Dachschrägen nach Nr. 8 Buchst. o)) des als Anlage 12 zu dieser Verordnung ergangenen Ausbildungsrahmenplanes auf. Eine Überschneidung mit dem Dachdeckerhandwerk besteht jedoch nicht.
Es ist davon auszugehen, dass die anzuwendenden Vorschriften der Handwerksordnung nicht gegen Verfassungsrecht verstoßen. Die Konkretisierung der Eintragungspflicht in § 1 Abs. 1 und 2 HwO genügt dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot. Die Beschränkung der Berufsfreiheit für das Dachdeckergewerbe verletzt auch nicht das Grundrecht des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Ungleichbehandlung mit dem Reisegewerbe und dem Minderhandwerk sowie den zulassungsfreien Handwerken der Anlage B zur HwO ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Eine gleichheitswidrige Inländerdiskriminierung gegenüber EU/EWRAngehörigen liegt schließlich ebenfalls nicht vor.
Zu Unrecht meint der Kläger, die Auflistung eintragungspflichtiger Handwerke in der Anlage A zur Handwerksordnung sei zu unbestimmt. Das rechtsstaatliche Gebot der Gesetzesbestimmtheit (Art.20 Abs. 3 GG) verlangt nur, dass Normen so bestimmt sind, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Es genügt, wenn sich der Regelungstatbestand im Wege der Auslegung der einschlägigen Bestimmungen mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln feststellen lässt. Diesen Anforderungen genügt § 1 Abs. 2 HwO i.V.m. der Anlage A. Wie gezeigt, ist es ohne Weiteres möglich, das Berufsbild des Dachdeckers unter Rückgriff auf die einschlägigen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen hinlänglich genau zu umschreiben. Für die Beurteilung einzelner Tätigkeiten stellt das Gesetz nunmehr in § 1 Abs. 2 Satz 2 und 3 HwO ausreichend konkrete Maßstäbe bereit. Die weitere vom Kläger aufgeworfene Frage, ob sich aus dem Gesetz auch zweifelsfrei ergeben müsse, welche Handwerke der Gesetzgeber als gefahrgeneigt angesehen hat, betrifft nicht die Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des Gesetzesinhalts, sondern dessen verfassungsrechtliche Legitimation (dazu sogleich).
§ 1 Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 7 ff. HwO sind, soweit sie die Ausübung des Dachdeckerhandwerks betreffen, in der hier maßgeblichen, durch die Reform des Handwerksrechts zum 1.01.2004 geprägten Ausgestaltung mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar.
Offen bleiben kann, ob § 7 HwO mit den persönlichen Eintragungsvoraussetzungen eine subjektive Berufswahlbeschränkung oder eine Berufsausübungsregelung normiert. Selbst wenn nur von Letzterem auszugehen wäre, weil die persönlichen Eintragungsvoraussetzungen nach der Neufassung des § 7 Abs. 1 HwO zum 1.01.2004 nicht mehr in der Person des einzutragenden Betriebsinhabers selbst vorliegen müssen, sondern stattdessen auch vom Betriebsleiter erfüllt werden können, bliebe die Intensität des Eingriffs nicht hinter der einer subjektiven Berufswahlbeschränkung zurück. An die Rechtfertigung des Eingriffs wären deshalb dieselben Anforderungen zu stellen.
Eingriffe in die Freiheit der Berufswahl sind nach Art. 12 Abs. 1 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Dies setzt eine kompetenzmäßig erlassene Norm voraus, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht.
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Regelung des Handwerks folgt aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 i.V.m. Art. 72 Abs. 2 GG. Der Gesetzgeber verfolgte bei der Neuregelung der Zulassungspflicht für das Handwerk im Wesentlichen zwei Ziele: Zum einen bezweckte er die Abwehr von Gefahren für Gesundheit oder Leben Dritter durch unsachgemäße Handwerksausübung. Für derart „gefahrgeneigte Tätigkeiten“ sollte sichergestellt sein, dass sie nur von Personen mit entsprechenden Qualifikationsnachweisen selbstständig im stehenden Gewerbe ausgeübt werden. In diesen Bereichen sollte der Kunde besonders geschützt und nicht allein auf Schadensersatz und Mängelbeseitigung verwiesen werden. Der Gesetzgeber hat im Rahmen des ihm zuzubilligenden Einschätzungsspielraums das Dachdeckerhandwerk als gefahrgeneigtes Handwerk eingestuft, weil es in Folge von fehlerhaften Montagearbeiten, namentlich bei Dacheindeckungen, zu schweren Gesundheitsschäden kommen könne. Daneben hat er auch für das neue Recht an dem Ziel der Sicherung der besonderen Ausbildungsleistung des Handwerks für die gewerbliche Wirtschaft festgehalten.
Sowohl die Abwehr von Gefahren für Gesundheit oder Leben Dritter als auch die Sicherung der Ausbildungsleistung sind Gemeinwohlbelange von hohem Gewicht. Ob das Oberverwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, dass auch die Sicherung der besonderen Ausbildungsleistung des Handwerks die hier in Rede stehenden Berufsbeschränkungen zu tragen vermag, kann dahinstehen. Insbesondere muss nicht geklärt werden, ob die Beschränkungsregelung erforderlich war, weil der Gesetzgeber im Rahmen seines Einschätzungsspielraums davon ausgehen durfte, dass die Zahl der zur Ausbildung geeigneten Betriebe bei niedrigeren Qualifikationsanforderungen an das selbstständige Betreiben des Handwerks in einem die Ausbildungsleistung gefährdenden Umfang zurückgehen werde. Die Berufsbeschränkung ist jedenfalls verhältnismäßig in Bezug auf den ebenso wichtigen anderen Gemeinwohlzweck, Gesundheitsgefahren für Dritte abzuwenden.
Die an die Zulassungspflicht anknüpfende Regelung der persönlichen Eintragungsvoraussetzungen, die grundsätzlich den Großen Befähigungsnachweis (§ 7 HwO) oder eine sechsjährige qualifizierte Berufserfahrung mit mindestens vierjähriger Leitungsfunktion nach Ablegen der Gesellenprüfung (§ 7b HwO) verlangt, ist zur Abwehr von Gefahren für Dritte geeignet. Dazu genügt, dass die Qualifikationsanforderungen zur Verwirklichung dieses Zieles beitragen können. Ein Betriebsinhaber oder leiter mit meisterhafter Sachkunde oder qualifizierter Berufserfahrung als Altgeselle ist in der Lage, bei der Ausübung des Handwerks selbst Gefahren zu vermeiden und die im Betrieb Mitarbeitenden dazu anzuleiten, zu beaufsichtigen und im Bedarfsfall einzugreifen. Der Einwand des Klägers, oftmals sei der Meister bei der Leistungserbringung nicht vor Ort und werde die Ausbildungsleistung von dem Gesellen erbracht, schließt die Geeignetheit nicht aus. Er berücksichtigt nicht, dass Anleitung und Überwachung auch ohne ständige Präsenz möglich sind. Die Sonderregelungen für die Niederlassung von Handwerkern aus dem EU/EWRAusland (§ 7 Abs. 3 i.V.m. § 9 HwO) schließen die Geeignetheit der Anforderungen an das selbstständige Führen eines niedergelassenen Handwerksbetriebs nicht aus. Ein Verdrängungswettbewerb mit der Folge, dass diese Anforderungen mangels Anwendungsbereichs praktisch wirkungslos würden, ist für das Dachdeckerhandwerk weder vom Berufungsgericht festgestellt noch von einem der Beteiligten behauptet worden.
Die berufsbeschränkende Regelung ist auch zur Gefahrenabwehr erforderlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass mit der Handwerksreform zum 1.01.2004 der „Meisterzwang“ mit dem Großen Befähigungsnachweis (§ 7 HwO) einerseits und der Ausübungsberechtigung für Altgesellen (§ 7b HwO) andererseits durch zwei alternative, gleichrangige persönliche Eintragungsvoraussetzungen abgelöst worden ist, von denen der Gewerbetreibende die ihn am wenigsten belastende wählen kann. Mit der Annahme, niedrigere Qualifikationsanforderungen wie das bloße Bestehen der Gesellenprüfung oder eine Berufserfahrung ohne Bewährung in einer Leitungsposition seien zur Gefahrenabwehr nicht ebenso geeignet, hat der Gesetzgeber seinen verfassungsrechtlichen Einschätzungsspielraum nicht überschritten. Auch Unfallverhütungs- und Arbeitsschutzbestimmungen, DIN-Vorschriften und zivilrechtliche Haftungsregelungen musste er nicht als ebenso geeignet erachten, der Gefahrenabwehr zu dienen. Sie stellen Anforderungen an die zu erbringende Leistung und sanktionieren Mängel, ohne eine ausreichende persönliche Qualifikation des Leistungserbringers zu regeln.
Mit Blick auf den Gesetzeszweck kann die geforderte Qualifikation des Betriebsinhabers bzw. Betriebsleiters auch nicht als unverhältnismäßig im engeren Sinne angesehen werden. Bei einer Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe ist die Grenze der Zumutbarkeit nicht überschritten. Die Meisterprüfung fordert zwar einen großen zeitlichen, fachlichen und finanziellen Aufwand, ebenso wie die ihr gemäß § 7 Abs. 2 HwO gleichgestellten Qualifikationen. Das wird jedoch relativiert durch die Möglichkeit, die erforderliche Qualifikation stattdessen nach § 7b HwO („Altgesellenregelung“) durch eine sechsjährige Berufserfahrung mit mindestens vierjähriger Tätigkeit in leitender Stellung zu belegen. Dieser berufspraktische Zugangsweg stellt eine gleichrangige, aber wesentlich weniger belastende Alternative zum Großen Befähigungsnachweis dar. Gesellen, die eine Niederlassung als selbstständige Handwerker anstreben, können die für sie günstigere Zugangsalternative wählen. Mit Rücksicht auf den hohen Rang der durch die Gefahrenvermeidung geschützten Rechtsgüter ist ihnen zumutbar, sich den Anforderungen jedenfalls eines der beiden offen stehenden Qualifizierungswege zu stellen und entweder den zusätzlichen Zeit- und Kostenaufwand für die Meisterprüfung auf sich zu nehmen oder aber eine mehrjährige praktische Berufstätigkeit mit Leitungsfunktion zu absolvieren.
Das Oberverwaltungsgericht hat auch zu Recht einen Verstoß der maßgeblichen Vorschriften der Handwerksordnung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verneint. Der Kläger meint zwar, der Gesetzgeber habe systemwidrig und inkonsequent kein einheitliches Regelungskonzept gewählt, indem er die Ausübung des Minderhandwerks sowie des Reisegewerbes nicht an besondere Qualifikationsmerkmale knüpft. Dabei übersieht er jedoch, dass die unterschiedliche Behandlung auch unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Ziels der Gefahrenabwehr für Dritte sachlich gerechtfertigt ist.
Zwischen der handwerklichen Betätigung im Reisegewerbe und im stehenden Gewerbe bestehen erhebliche strukturelle Unterschiede, die es nach der Wertung des Gesetzgebers rechtfertigen, für das stehende Gewerbe neben der persönlichen auch die fachliche Eignung des Inhabers/Betriebsleiters zu verlangen, während im Reisegewerbe die persönliche Zuverlässigkeit genügt. Dies findet seinen Grund in der nur begrenzt möglichen personellen und sachlichen Ausstattung im Reisegewerbe. Aus diesem Grunde ist nach Einschätzung des Gesetzgebers auch nicht davon auszugehen, dass dort gefahrgeneigte Arbeiten in größerem Umfang ausgeführt werden. Es ist tatsächlich kaum vorstellbar, das Dachdeckerhandwerk im Reisegewerbe, also ohne vorhergehende Bestellung und womöglich ohne festen Betriebssitz auszuüben (vgl. § 55 Abs. 1 GewO).
Auch beim Minderhandwerk fehlt es an der Verrichtung von Tätigkeiten, die besondere Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern. Die in der Anlage B zur HwO verzeichneten zulassungsfreien Handwerke oder handwerksähnlichen Gewerbe hat der Gesetzgeber nicht als gefahrgeneigt eingestuft, ohne dass sich dies beanstanden ließe.
Art. 3 Abs. 1 GG ist auch nicht dadurch verletzt, dass Gewerbetreibenden mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes erworbenen Qualifikation die Ausübung eines Handwerks in Deutschland unter teilweise anderen Voraussetzungen ermöglicht wird. Jedenfalls die Ausübungsberechtigung für Altgesellen (§ 7b HwO) ist der Ausnahmebewilligung aufgrund einer EU/EWRQualifikation (§ 9 HwO) derart angenähert, dass die verbleibenden Unterschiede verfassungsrechtlich nicht ins Gewicht fallen.
Die Vorschriften der EU/EWR-Handwerk-Verordnung (EU/EWR-HwV) beruhen maßgeblich auf den Vorgaben der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07.09.2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen. Diese enthält in Art. 1 zwingende Vorgaben für die Anerkennung von in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten erworbenen Berufsqualifikationen beim Zugang zu einem reglementierten Beruf und dessen Ausübung. Ihre Regelungen sind durch § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 HwO und die EU/EWRHwV inhaltsgleich in nationales Recht überführt worden. Trotz der den nationalen Gesetzgeber bindenden unionsrechtlichen Vorgaben scheidet eine Prüfung der vorliegend einschlägigen Vorschriften der Handwerksordnung am Maßstab nationalen Verfassungsrechts nicht schon aus, weil es weder um die Anwendung unionsrechtlicher Vorschriften noch um die Anwendung nationalen Rechts geht, das auf zwingenden unionsrechtlichen Vorgaben beruht. Der Kläger rügt letztlich, dass der nationale Gesetzgeber Inländern eine Gleichstellung mit EU/EWRAngehörigen vorenthalten hat.
Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Die Abstufung der Anforderungen folgt aus Wortlaut und Sinn des Art. 3 Abs. 1 GG sowie aus seinem Zusammenhang mit anderen Verfassungsnormen. Der unterschiedlichen Weite des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums entspricht eine abgestufte Kontrolldichte bei der verfassungsgerichtlichen Prüfung. Kommt als Maßstab nur das Willkürverbot in Betracht, so kann ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nur festgestellt werden, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist. Vorliegend geht es um Regelungen, die zwar nicht unmittelbar nach der Staatsangehörigkeit differenzieren, aber doch im Inland und im EU/EWRAusland für ihren Beruf ausgebildete Handwerker bei der Zulassung zur selbstständigen niedergelassenen Tätigkeit im Inland verschieden behandeln und sich damit auf die Grundrechtsposition aus Art. 12 Abs. 1 GG nachteilig auswirken. Für die vom Gesetzgeber vorgesehene Differenzierung müssen folglich Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können.
Ein gewichtiger sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung liegt in der Tatsache begründet, dass der nationale Gesetzgeber in seiner Gestaltungsfreiheit durch Europarecht gebunden war. Die Vorschriften der EU/EWRHwV mussten bindende unionsrechtliche Vorgaben für die Zulassung im EU/EWR-Ausland Qualifizierter in nationales Recht umsetzen. Für die im Inland ausgebildeten Handwerker konnte der Gesetzgeber das unionsrechtliche Modell des berufspraktischen Befähigungsnachweises schon deshalb nicht übernehmen, weil dieses regelmäßig eine Tätigkeit als Selbstständiger oder Betriebsleiter voraussetzt (vgl. § 9 HwO i.V.m. § 2 Abs. 2 und 3 EU/EWR-HwV), die den im Inland ausgebildeten Gesellen nach § 7 HwO grundsätzlich nicht offen steht. § 7b HwO musste deshalb gerade zur Vermeidung einer Benachteiligung eine abweichende Zugangsregelung treffen. Insofern unterscheidet sich die deutsche Rechtslage von der österreichischen, die der Österreichische Verfassungsgerichtshof für gleichheitswidrig gehalten hat.
Die Ungleichbehandlung ist auch verhältnismäßig. Sie dient dem verfassungsrechtlich legitimen Zweck, einerseits den unionsrechtlichen Bindungen Rechnung zu tragen, ohne andererseits das vor Art. 12 Abs. 1 GG gerechtfertigte Qualifikationserfordernis für die selbstständige Tätigkeit im Inland aufzugeben. Die im Inland ausgebildeten Handwerker werden dadurch nicht unzumutbar belastet. Jedenfalls der für sie geltende Zugangsweg des § 7b HwO ist in seiner Eingriffsintensität den Voraussetzungen für eine Niederlassung von Dachdeckern aus dem EU/EWRAusland – aufs Ganze gesehene – vergleichbar. EU/EWRAngehörige, die sich in Deutschland niederlassen wollen, um selbstständig im stehenden Gewerbe oder als Betriebsleiter ein Handwerk der Anlage A zur HwO zu betreiben, unterliegen wie Inländer der Eintragungspflicht in die Handwerksrolle (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HwO). Diese erreichen sie über eine Ausnahmebewilligung gemäß § 2 oder § 3 EU/EWRHwV. Sie erhält, wer entweder gleichwertige Ausbildungs- und Befähigungsnachweise vorlegen kann oder die notwendige Berufserfahrung besitzt. Diese muss in der Ausübung zumindest einer wesentlichen Tätigkeit des Gewerbes bestanden haben. An die berufspraktische Qualifizierung für das stehende Gewerbe stellt § 9 HwO i.V.m. § 2 Abs. 2 EU/EWRHwV nur hinsichtlich der Mindestzeit der Berufserfahrung geringere Anforderungen, im Übrigen aber vergleichbare oder sogar strengere als § 7b HwO. So verlangt § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 EU/EWRHwV eine Tätigkeit als Selbstständiger, Betriebsverantwortlicher oder Abteilungsleiter, während § 7b HwO eine Tätigkeit in leitender Stellung genügen lässt. Die Zeiten der Selbstständigkeit, Betriebs- oder Abteilungsleitung müssen ununterbrochen zurückgelegt worden sein; nach § 7b HwO, der auf die insgesamt erworbene Erfahrung abstellt, sind Unterbrechungen dagegen unschädlich. Die Altgesellenregelung kennt auch nicht das in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 4 EU/EWR-HwV geregelte Verfallen einer Berufs- oder Leitungserfahrung nach Ablauf von zehn Jahren. Weichen Dauer oder Inhalt einer Ausbildung im EU/EWRAusland von den im Inland aufgestellten Anforderungen ab, kann die zuständige inländische Behörde die Teilnahme an einem höchstens 3jährigen Anpassungslehrgang oder das Ablegen einer Eignungsprüfung vom Antragsteller verlangen (vgl. § 5 EU/EWR-HwV).
Soweit EU/EWR-Angehörige ohne Niederlassung in Deutschland vom Ausland her grenzüberschreitende Dienstleistungen in Deutschland erbringen wollen und dürfen, besteht gegenüber Inländern ebenfalls keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung. Eine vorübergehende und gelegentliche Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen in einem Handwerk der Anlage A zur Handwerksordnung ist gestattet, wenn der Leistungserbringer in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz zur Ausübung vergleichbarer Tätigkeiten eine rechtmäßige Niederlassung besitzt. Setzt der Niederlassungsstaat für die Ausübung der betreffenden Tätigkeiten keine bestimmte berufliche Qualifikation voraus und gibt es dort auch keine staatlich geregelte Ausbildung, dann ist die grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung nur gestattet, wenn die Tätigkeit mindestens zwei Jahre lang im Niederlassungsstaat ausgeübt worden ist und nicht länger als zehn Jahre zurückliegt. Damit wird zwar die grenzüberschreitende Handwerksausübung mit deutlich niedrigerer Qualifikation ermöglicht. Sie wird aber voraussetzungsgemäß nur vorübergehend und gelegentlich und zudem nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts vorwiegend nur im grenznahen Raum erbracht und fällt daher nicht nennenswert ins Gewicht. Wirksame Verfahrensrügen hat der Kläger insoweit nicht erhoben. Seine abweichende Sachdarstellung genügt nicht den Anforderungen, die § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO an die substantiierte Darlegung eines Verfahrensmangels stellt.
Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV ist schon deshalb nicht berührt, weil kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt. Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers kein Verzicht auf dieses Erfordernis. Die Entscheidung vom 11.12.2003 ist nicht einschlägig. Sie ist zur Richtlinie 1999/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07.06.1999 über ein Verfahren zur Anerkennung der Befähigungsnachweise usw. ergangen. Diese ist durch die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07.09.2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen überholt (vgl. dort Erwägungsgrund 9). Auch in der Entscheidung vom 30.03.2006 postuliert der Europäische Gerichtshof keinen Verzicht auf das Erfordernis eines grenzüberschreitenden Sachverhalts. Er meint nur, in Inlandsfällen könne eine Vorlagefrage zulässig sein, wenn das vorlegende (italienische) Gericht von einem im nationalen Recht begründeten Anspruch der Inländer auf Gleichbehandlung mit EUAusländern ausgehe. Wie gezeigt, besteht ein solcher Anspruch im deutschen Recht nicht.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 31. August 2011 – 8 C 9.10