Für die Leistung (hier: statische Berechnung) eines Statikers kann die Steuerermäßigung nach § 35a EStG auch dann nicht gewährt werden, wenn sie für die Durchführung einer Handwerkerleistung erforderlich war.

Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer auf Antrag um 20% (§35a EStG). In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Rechtsstreit wurde ein Handwerksbetrieb mit dem Austausch schadhafter Dachstützen beauftragt. Nach Einschätzung des Handwerksbetriebs war für die fachgerechte Ausführung dieser Arbeiten zunächst eine statische Berechnung erforderlich, die sodann auch von einem Statiker durchgeführt wurde. Neben der -insoweit unstreitigen- Steuerermäßigung für die Handwerkerleistung (Dachstützenaustausch) beantragten die Auftraggeber diese auch für die Leistung des Statikers.
Anders als erstinstanzlich noch das Finanzgericht Baden-Württemberg[1] folgte der Bundesfinanzhof dieser dem jedoch nicht: Die Steuerermäßigung könne, so der Bundesfinanzhof, nicht gewährt werden, da ein Statiker grundsätzlich nicht handwerklich tätig ist. Er erbringt ausschließlich Leistungen im Bereich der Planung und rechnerischen Überprüfung von Bauwerken. Auch auf die Erforderlichkeit der statischen Berechnung für die Durchführung der Handwerkerleistungen kann die Steuerermäßigung nicht gestützt werden. Denn die Leistungen des Handwerkers und diejenige des Statikers sind für die Gewährung der Steuerermäßigung getrennt zu betrachten. Allein die sachliche Verzahnung beider Gewerke führt nicht zu einer Umqualifizierung der statischen Berechnung in eine Handwerksleistung.
Gemäß § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche Einkommensteuer für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen um 20 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens um 1.200 €. Nach § 35a Abs. 5 Satz 2 EStG gilt die Ermäßigung nur für Arbeitskosten.
Handwerkerleistungen sind einfache wie qualifizierte handwerkliche Tätigkeiten, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder um Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen handelt[2]. Begünstigt werden handwerkliche Tätigkeiten, die von Mietern und Eigentümern für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung in Auftrag gegeben werden[3].
Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze kommt eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG für die vom Statiker in Rechnung gestellten statischen Berechnungen nicht in Betracht.
Ein Tragwerksplaner (sog. Statiker) ist grundsätzlich nicht handwerklich tätig, sondern erbringt Leistungen im Bereich der Planung und rechnerischen Überprüfung von Bauwerken sowie der Beurteilung der baulichen Gesamtsituation[4]. Dies steht zwischen den Beteiligten auch nicht in Streit, so dass der Bundesfinanzhof insoweit von weiteren Ausführungen absieht.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz stellen die statischen Berechnungen auch nicht deshalb eine Handwerkerleistung dar, weil diese für die im Jahr 2016 von dem Handwerksbetrieb erbrachten Leistungen -dem Austausch der schadhaften Pfosten – unstreitig eine Handwerkerleistung- unerlässlich waren. Denn die vom Finanzgericht angenommene „sachliche Verzahnung“ der Leistungen vom Statiker mit den Handwerkerleistungen des Handwerkbetriebs mag zwar in der Sache zutreffen, führt aber nicht dazu, dass die Leistung eines Statikers als anteilige Handwerkerleistung i.S. des § 35a EStG anzusehen ist.
Vielmehr sind beide Leistungen jeweils getrennt zu betrachten und hinsichtlich ihrer Eigenschaft als „Handwerkerleistungen“ i.S. des § 35a Abs. 3 EStG zu beurteilen. Diese Betrachtungsweise entspricht im Übrigen auch dem Rechtsgedanken der BFH-Uteile vom 13.05.2020[5]. Danach ist für eine von einem Unternehmer erbrachte Handwerkerleistung, die teilweise in der Werkstatt des Handwerkers an einem Gegenstand des Haushalts erbracht wird, nur insoweit die Steuerermäßigung nach § 35a EStG zu gewähren, als die Leistung tatsächlich einen (unmittelbaren) räumlichen Zusammenhang mit dem Haushalt aufweist, für den sie erbracht wird. Ist eine von einem Unternehmer erbrachte Leistung hinsichtlich der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 35a EStG ggf. aufzuteilen, so sind erst recht zwei getrennte und von unterschiedlichen Unternehmern erbrachte Leistungen jeweils für sich daraufhin zu überprüfen, ob die Voraussetzungen einer Steuerermäßigung nach § 35a EStG vorliegen.
Dieser Beurteilung steht auch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 06.11.2014[6] nicht entgegen.
Dort hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Erhebung des unter Umständen noch mangelfreien Istzustandes, beispielsweise die Überprüfung der Funktionsfähigkeit einer Anlage durch einen Handwerker, ebenso Handwerkerleistung i.S. des § 35a Abs. 3 EStG sein kann wie die Beseitigung eines bereits eingetretenen Schadens oder vorbeugende Maßnahmen zur Schadensabwehr. Im Streitfall unterhält der Statiker weder einen Handwerksbetrieb noch liegt eine handwerkliche Leistung des Statikersvor. Der Zusammenhang mit der Handwerkerleistung des Handwerkbetriebs im Jahr 2016 reicht nicht aus, die statischen Berechnungen als Handwerkerleistung einzustufen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 4. November 2021 – VI R 29/19
- FG Baden-Württemberg, Urteil vom 04.07.2019 – 1 K 1384/19[↩]
- BFH, Urteil vom 21.02.2018 – VI R 18/16, BFHE 261, 42, BStBl II 2018, 641, Rz 12[↩]
- BFH, Urteil vom 28.04.2020 – VI R 50/17, BFHE 273, 178, Rz 12, m.w.N.[↩]
- vgl. z.B. OLG Köln, Beschluss vom 31.05.2011 – I-24 U 164/10, NJW 2011, 2739[↩]
- BFH, Urteile vom 13.05.2020 – VI R 4/18, BFHE 269, 272, BStBl II 2021, 669; und – VI R 7/18[↩]
- BFH, Urteil vom 06.11.2014 – VI R 1/13, BFHE 247, 424, BStBl II 2015, 481[↩]