Die Sozialkassen des Baugewerbes – und die Wartung von Arbeitsmitteln

Die Wartung und die Reparatur von Arbeitsmitteln können der baulichen Haupttätigkeit als Zusammenhangstätigkeiten zuzurechnen sein. Zusammenhangstätigkeiten, die einer baulichen Haupttätigkeit dienen, sind der Haupttätigkeit auch dann zuzurechnen, wenn sie arbeitszeitlich überwiegen.

Die Sozialkassen des Baugewerbes – und die Wartung von Arbeitsmitteln

 Unter Zusammenhangstätigkeiten werden Vor, Neben, Nach- und Hilfsarbeiten verstanden, die den eigenen baulichen Haupttätigkeiten dienen, zu ihrer sachgerechten Ausführung notwendig sind und nach der Verkehrssitte üblicherweise von den Betrieben des Baugewerbes miterledigt werden. Zusammenhangstätigkeiten sind der baulichen Haupttätigkeit üblicherweise von ihrer Wertigkeit her untergeordnet und können deshalb regelmäßig auch von ungelernten Hilfskräften ausgeführt werden[1]. Beispiele für Zusammenhangstätigkeiten sind der Transport von Baumaterialien, die Entsorgung von Bauschutt sowie das Einrichten, Reinigen und Aufräumen von Baustellen[2].

Die vom Unternehmen vorgetragenen Wartungs- und Reparaturarbeiten an Arbeitsmitteln erfüllen die Voraussetzungen einer Zusammenhangstätigkeit. Sie dienen der eigenen baulichen Haupttätigkeit des Unternehmens und sind zu ihrer sachgerechten Ausführung notwendig. Soweit der Unternehmer vorträgt, seine 80 bis 100 Luftkissen müssten regelmäßig geölt und 300 bis 400 Stahlscherenkeile zum Schutz vor Korrosion gefettet werden, handelt es sich um vergleichsweise einfache Wartungsarbeiten, die nach der Verkehrssitte üblicherweise von den Betrieben des Baugewerbes miterledigt werden. Das Bundesarbeitsgericht hat die Lagerhaltung für Baugeräte und Baumaterialien schon bisher den eigentlichen Bautätigkeiten als Zusammenhangstätigkeiten hinzugerechnet[3]. Reparaturen an Arbeitsmitteln können ebenfalls den Zusammenhangstätigkeiten zuzurechnen sein[4].

Die Wartung und Reparatur von Arbeitsmitteln durch Arbeitnehmer des Unternehmens sind Zusammenhangstätigkeiten, unabhängig davon, ob sie seine bauliche Haupttätigkeit arbeitszeitlich überwiegen.

Die Haupttätigkeit bestimmt sich nach dem mit dem Betrieb verfolgten Zweck. Für die den Betrieb prägende Zweckbestimmung ist der Zweck der Gesamtleistung entscheidend. Die Zweckbestimmung richtet sich nicht allein nach den zeitlichen Anteilen der einzelnen Tätigkeiten an der Gesamtarbeitszeit[5]. Werden mit dem Betrieb bauliche Zwecke verfolgt, sind der baulichen Haupttätigkeit auch arbeitszeitlich überwiegende Zusammenhangstätigkeiten zuzurechnen, die der baulichen Haupttätigkeit dienen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist grundsätzlich eine eigene baugewerbliche Haupttätigkeit erforderlich, damit eine Zusammenhangstätigkeit hinzugerechnet werden kann. Ein Betrieb, der ausschließlich Zusammenhangstätigkeiten versieht, ohne dass er zugleich baugewerbliche Arbeiten ausführt oder ihm baugewerbliche Tätigkeiten beispielsweise eines Subunternehmers zuzuordnen sind, unterfällt nicht dem betrieblichen Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes[6].

Dagegen hat das Bundesarbeitsgericht nicht verlangt, dass die bauliche Haupttätigkeit die Zusammenhangstätigkeit arbeitszeitlich überwiegt. Umfangreiche Zusammenhangstätigkeiten können eigenen Bauleistungen unabhängig vom Anteil der baulichen Haupttätigkeit an der Gesamtarbeitszeit des Betriebs zugerechnet werden[7]. Der betriebliche Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes kann beispielweise eröffnet sein, wenn im Betrieb mit 25 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit eine bauliche Tätigkeit ausgeübt wird und sie gemeinsam mit der zugerechneten Zusammenhangstätigkeit arbeitszeitlich überwiegt[8]. Es genügt auch, wenn ein Betrieb selbst nur Nebenleistungen erbringt, sofern ihm die Bauleistungen eines von ihm beauftragten Subunternehmers zugerechnet werden können, ohne dass dabei das zeitliche Verhältnis von eigener Zusammenhangstätigkeit und zuzurechnender Bautätigkeit entscheidend wäre[9].

Der Betrieb erbringt nach seiner Zweckbestimmung bauliche Leistungen iSv. § 1 Abs. 2 VTV 2013 II. Der Betriebszweck ist allein darauf gerichtet, Gebäude anzuheben. Der eindeutig erkennbare Zweck des Betriebs wird nicht ausschließlich durch die eigentlichen Gebäudehebungen verfolgt. Die im Betrieb nach seinem Vortrag arbeitszeitlich überwiegend durchgeführten Reparatur- und Wartungsarbeiten an Arbeitsmitteln sind ausschließlich dazu bestimmt, den eigenen baulichen Hebevorgängen zu dienen. Sie sind notwendig, damit die bauliche Haupttätigkeit im Betrieb sachgerecht versehen werden kann. Sie können daher der baulichen Haupttätigkeit zugerechnet werden, unabhängig davon, ob sie diese arbeitszeitlich überwiegen.

Dem steht nicht entgegen, dass das Bundessozialgericht den Transport von Abbruch- und Aushubmaterial den baulichen Abbruch- und Aushubarbeiten nicht als Zusammenhangstätigkeit zugerechnet hat, wenn der Transport von seinem zeitlichen Aufwand her nicht von untergeordneter Bedeutung ist[10]. Die Voraussetzungen einer Beitragspflicht nach den Verfahrenstarifverträgen und einer Umlagepflicht nach § 354 iVm. § 102 SGB III sind nicht deckungsgleich. Ein und derselbe Betrieb kann der Beitragspflicht zu den Sozialkassen des Baugewerbes unterliegen, nicht aber der Umlagepflicht nach dem SGB III[11].

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 8. Dezember 2021 – 10 AZR 362/19

  1. BAG 28.04.2021 – 10 AZR 144/19, Rn. 33; 27.01.2021 – 10 AZR 138/19, Rn. 45[]
  2. BAG 14.03.2012 – 10 AZR 610/10, Rn. 12; 18.01.2012 – 10 AZR 722/10, Rn.19[]
  3. BAG 30.10.2019 – 10 AZR 177/18, Rn. 47, BAGE 168, 290[]
  4. BAG 17.11.2010 – 10 AZR 845/09, Rn. 25; 13.03.1996 – 10 AZR 721/95, zu II b der Gründe[]
  5. BAG 14.07.2021 – 10 AZR 190/20, Rn. 32; 24.08.1994 – 10 AZR 974/93, zu II 1 der Gründe; 18.08.1993 – 10 AZR 273/91, zu II 1 c der Gründe[]
  6. für die st. Rspr. BAG 28.04.2021 – 10 AZR 144/19, Rn. 33; 27.01.2021 – 10 AZR 138/19, Rn. 45[]
  7. vgl. BAG 18.01.2012 – 10 AZR 722/10, Rn. 17[]
  8. BAG 13.03.1996 – 10 AZR 721/95, zu II b der Gründe[]
  9. vgl. BAG 14.03.2012 – 10 AZR 610/10, Rn. 11 ff.[]
  10. BSG 15.02.2000 – B 11 AL 41/99 R[]
  11. BAG 27.03.2019 – 10 AZR 318/17, Rn. 23[]