Der vom Tiefbauunternehmer gelegte Hauswasseranschluss – und die Umsatzsteuer

Das Legen eines Hauswasseranschlusses ist auch dann als „Lieferung von Wasser“ i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage 2 zum UStG anzusehen, wenn diese Leistung nicht von dem Wasserversorgungsunternehmen erbracht wird, das das Wasser liefert[1].

Der vom Tiefbauunternehmer gelegte Hauswasseranschluss – und die Umsatzsteuer

Die hierbei erbrachten Leistungen unterliegen daher dem ermäßigten Steuersatz.

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb der in der Anlage 2 zum UStG bezeichneten Gegenstände.

Nr. 34 der Anlage 2 zum UStG lautet:

„Wasser, ausgenommen

  • Trinkwasser, einschließlich Quellwasser und Tafelwasser, das in zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Fertigpackungen in den Verkehr gebracht wird,
  • Heilwasser und
  • Wasserdampf

aus Unterpos. 2201 9000″

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil „Zweckverband zur Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung Torgau-Westelbien“[2] entschieden, dass Art. 12 Abs. 3 Buchst. a und Anhang H Kategorie 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern dahin auszulegen sind, dass unter den Begriff „Lieferungen von Wasser“ auch das Legen eines Hausanschlusses fällt, das in der Verlegung einer Leitung besteht, die die Verbindung des Wasserverteilungsnetzes mit der Wasseranlage eines Grundstücks ermöglicht[3]. Da der Hausanschluss für die Wasserversorgung der Allgemeinheit unentbehrlich sei, weil ohne den Hausanschluss dem Eigentümer oder Bewohner des Grundstücks kein Wasser bereitgestellt werden könnte, falle er unter den Begriff „Lieferungen von Wasser“ in Anhang H Kategorie 2 der Richtlinie 77/388/EWG.

Der Bundesfinanzhof hat zur Steuerermäßigung für das Legen eines Hauswasseranschlusses als Lieferung von Wasser in seinem Urteil vom 10.08.2016[4] entschieden, dass

  • es auf die Frage, ob es sich bei der Leistung um eine Lieferung eines Gegenstandes oder um eine sonstige Leistung (Dienstleistung) handelt, nicht ankommt[5],
  • es unerheblich ist, ob der Leistungsempfänger der Verlegung des Hausanschlusses identisch mit dem Leistungsempfänger der Wasserlieferungen ist[6] und
  • nicht nur das erstmalige Legen eines Hausanschlusses, sondern auch Arbeiten zur Erneuerung oder zur Reduzierung von Wasseranschlüssen unter die Steuerermäßigung fallen[7].

Ebenso unerheblich ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs[8], der sich der Bundesfinanzhof anschließt, ob die Leistung von demselben Unternehmer erbracht wird, der das Wasser liefert.

Ausgehend davon hat in der Vorinstanz das Finanzgericht Berlin-Brandenburg[9] zu Recht angenommen, dass -entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung- die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht deshalb ausscheidet, weil die Tiefbauunternehmerin kein Wasserversorgungsunternehmen ist. Ob die Leistungen der Tiefbauunternehmerin als sonstige Leistungen möglicherweise teilweise der Erneuerung von Wasseranschlüssen gedient haben könnten, ist ebenso unerheblich.

Aus Rz 58 des BFH, Urteils in BFHE 255, 300, BStBl II 2017, 590 ergibt sich ebenfalls nichts anderes, weil die hier zu beurteilenden Leistungen der Tiefbauunternehmerin nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgericht die Wasserleitung von der Grundstücksgrenze bis ins Haus betreffen und damit nicht dem Aufbau und Betrieb einer leistungsfähigen Wasserversorgung für den jeweiligen Zweckverband gedient haben.

Soweit das Finanzamt weiter ausführt, die Finanzverwaltung sei gemäß Abschn. 12.1 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 UStAE i.V.m. dem BMF, Schreiben in BStBl I 2009, 531[10] nach wie vor anderer Auffassung als die Rechtsprechung, reicht eine derartige Verwaltungsanweisung zur Einschränkung des Anwendungsbereichs der Steuerermäßigung nicht aus[11].

Soweit das Finanzamt -wie bereits das BMF im Verfahren V R 61/03- einwendet, dass Nr. 34 der Anlage 2 zum UStG auf die Unterpos. 2201 9000 des Zolltarifs verweise[12], hat sich der BFH bereits mit diesem Argument auseinandergesetzt und ausgeführt, daraus könne ein gesetzlicher Ausschluss des Legens eines Hausanschlusses von der Steuerermäßigung nicht hergeleitet werden[13]. Die Ausführungen des Finanzamt gebieten nicht, von der dort geäußerten Auffassung abzurücken.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 7. Februar 2018 – XI R 17/17

  1. Anschluss an BGH, Urteil vom 18.04.2012 – VIII ZR 253/11, HFR 2012, 1110[]
  2. EuGH, EU:C:2008:184, BStBl II 2009, 328[]
  3. EuGH, a.a.O., Leitsatz 2, Satz 1[]
  4. BFH, Urteil vom 10.08.2016 – XI R 41/14, BFHE 255, 300, BStBl II 2017, 590, Rz 56[]
  5. vgl. BFH, Urteil in BFHE 222, 176, BStBl II 2009, 321, unter II. 3.d dd, Rz 59[]
  6. vgl. BFH, Urteil vom 08.10.2008 – V R 27/06, BFHE 223, 482, BStBl II 2009, 325, unter II. 3.c, Rz 39[]
  7. vgl. BGH, Urteil in HFR 2012, 1110, Rz 20[]
  8. vgl. BGH, Urteil in HFR 2012, 1110, Rz 18[]
  9. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.04.2017 – 2 K 2309/15[]
  10. BMF, Schreiben in BStBl I 2009, 531, Tz 1[]
  11. vgl. BFH, Urteil in BFHE 222, 176, BStBl II 2009, 321, unter II. 3.d cc, Rz 57, m.w.N.; Lange, HFR 2009, 167[]
  12. vgl. dazu auch Schrader, Mehrwertsteuerrecht 2013, 115[]
  13. vgl. BFH, Urteil in BFHE 222, 176, BStBl II 2009, 321, unter II. 3.d ee, Rz 60 und 62[]